Benefizkonzerte des Sinfonischen Blasorchesters Chiem-Rupertigau zugunsten des Netzwerks Hospiz
Berchtesgaden | Datum: 02.03.2023 14:00 Uhr CEST | Aktualisiert vor: 4 Tagen
Laufen/Berchtesgaden – Das Sinfonische Blasorchester Chiem-Rupertigau gab in der Salzachhalle und im gut gefüllten Großen Saal des AlpenCongress ein Benefizkonzert zugunsten des Netzwerk Hospiz – Verein für Hospizarbeit und Palliativbetreuung Südostbayern.
Im Mittelpunkt stand zweifelsohne die Musik. Am Rande wurden wohltuend kurze Reden gehalten von Thomas Egger vom Bezirksmusikverband für den Chiem- und Rupertigau und vom Schirmherrn der Veranstaltung, Stephan Bierschneider vom Hospizverein. Es gab Geschenke als Anerkennung für Geleistetes: Für das Damentrio aus Stefanie Gerl, Maria Zillner und Marion Geschke, das sich in hervorragender Weise für die Organisation solcher Konzerte mit großem Engagement einsetzt, für den Bezirksdirigenten Andreas Resch, dem auch an diesem Abend die musikalische Leitung oblag. Marion Geschke bescheinigte ihm, dass er nicht nur den Taktstock schwingt, sondern auch guttuende Ruhe ausstrahlt, denn Lampenfieber haben natürlich (fast) alle Musiker, und nicht nur die Amateure, und vermutlich auch Angst vor dem falschen Ton.
Über die Wichtigkeit des Netzwerkes Hospiz, das sich ausschließlich aus Spenden finanziert, berichtete Stephan Bierschneider mit wohltuender Lockerheit und warb um Unterstützung. Das Netzwerk leistet kostenlose ambulante Hilfe für die letzte Lebensphase eines Menschen, die wünschenswert mit einem Höchstmaß an Lebensqualität gelebt werden sollte.
Das Sinfonische Blasorchester Chiem-Rupertigau besteht seit exakt 20 Jahren und setzt sich aus fast einer halben Hundertschaft von Amateurmusikern aus dem Berchtesgadener Land, dem Landkreis Traunstein und dem Salzburger Land zusammen. Und tatsächlich gibt es einen, der die komplette Zeit hindurch zuverlässig in sein Horn geblasen hat: Hans Roth, dem eine besondere Würdigung zu Teil wurde.
Souverän durch das Konzert führte Theresa Schwärz, die gelegentlich auch viel über die Musik zu berichten wusste und dies, wie sie verriet, mitunter ausführlich tat, um die Musiker wieder »zu Puste« kommen zu lassen. »Magic Mountains« gab sie als Abendmotto und Aussicht auf Musikstücke an, die sich entweder der Magie oder der Bergen widmeten. Manchmal auch beiden Aspekten. Man durfte also gespannt sein.
Die »Montana Fanfare«
Auch nach Hunderten besprochener Konzerte darf man noch Neues entdecken. Die »Montana Fanfare« beispielsweise, zu der sich der Komponist Thomas Doss wohl bei Wanderungen im Salzkammergut inspirieren ließ und die er seinem Förderer zum Geburtstag schenkte, sagte Theresa Schwärz. Auch »Introduction, Dance and Finale Magic Child« von Thomas Trachsel war ein bisher unbekanntes Klangerlebnis. Wobei der Schöpfer zugab, das von vielen Klarinetten getragene und mehrfach wiederkehrende Hauptthema von seiner kleinen Tochter, die wohl ein etwas melancholisch veranlagtes Kind sein muss, »gestohlen« zu haben. Fast überschwänglich rhythmisch präsentiert sich das Stück im Mittelteil, um in einem tosend feierlichen Klang zu enden.
Wohl bekannt, nur anders, ist aber die Ouvertüre zu Wolfgang Amadeus Mozarts »Zauberflöte«, die, gemeinsam mit dem Priestermarsch »nachkomponiert« wurde. Wenn Mozart für sein Originalorchester zwei Flöten und ebenso viele Klarinetten, Hörner, Trompeten oder Fagotte vorgab, wurde er vom streicherlosen Sinfonischen Blasorchester Chiem-Rupertigau beträchtlich übertroffen bei der Besetzung in das zu seiner Zeit beliebte Kasperl- und Zauberoper-Genre.
Die samtenen Töne der Klarinetten-Armada waren zwar ein paar Dezibel höher als gewohnt, wussten aber unter der Leitung von Andreas Resch durchaus ein wohliges Gefühl bei den Zuhörern auszulösen.
Tradition und Moderne
Der wahrscheinliche Höhepunkt im ersten Teil des Konzertes war sicher die Begegnung von Kurt Gäbl, der Versuch, Tradition und Moderne zusammenzubringen zur direkten Begegnung eben, die ein durchaus faszinierende Klangerlebnis hervorbringen kann. Die Posaunisten Sebastian Haunerdinger, Tobias Willberger und Georg Argstatter wurden zu Solisten mit Alphörnern und automatisch auch zum optischen Blickpunkt.
»The Magic Mountain« ist für den Komponisten Otto M. Schwarz der österreichische Semmering, ein Zauberberg, wie er wohl von manchen beschrieben wird. Der von Thomas Mann liegt allerdings in der Schweiz und das Haus darauf will Menschen entwirren und wieder auf Kurs bringen. Ein ähnliches Anliegen hatte vermutlich Schwarz, der dem Schienenstrang der ab 1848 erbauten Hochgebirgsbahnstrecke folgte und deren Geschichte in Tönen erzählt. Theresa Schwärz hatte sich genau informiert und die Beziehungen der Bauabschnitte zu den Takten der Partitur gesetzt. Ab Takt 191, sagte die Moderatorin, erfolgte die Fahrt in die Moderne. Natürlich kann man Takte nicht unbedingt hören, aber der erwartete Höhenflug blieb leider aus oder verbarg sich den Ohren.
Das »Phantom der Oper« setzte den offiziellen Schlusspunkt unter das Benefizkonzert. Johan de Meij hatte das weltweit erfolgreiche Musical von Andrew Lloyd Webber für Bläser arrangiert. Zuvor aber gab es noch einen eindrucksvollen Ausflug in die Märchenwelt des »Harry Potter«. Vier unterschiedliche Komponisten hatten damit eine, sagt der Musikverlag, »geradezu magische Filmmusik zu acht verschiedenen preisgekrönten Harry Potter Filmen beigetragen«. Das »Medley« von Jerry Brubaker daraus, fasst die gesamte Harry Potter-Saga für einen musikalischen Ausflug in die Zauberwelten komprimiert und durchaus zum Träumen anregend zusammen.
Nach den erwähnten Ehrungen und Danksagungen folgte dann doch noch ein kurzer, dritter musikalischer Teil, ein kurzer Ausflug in Jazzige: »Music« von John Miles und letztlich der »Montana-Marsch« von Heinz Hermannsdörfer. »Music« gehört wohl zu den eingängigen und kontrastreichen Titel, die man lange kennt, aber kaum etwas über die Quellen weiß. Klavier und Rockband und dazu die Stimme des Komponisten bestimmen das Original, das es zu Evergreen-Qualitäten gebracht hatte.
Brillantes Konzert
In der Pause übrigens sinnierten zwei Musiker über den perfekten Ton. »Wenn ein Ton mal daneben geht, dann kannst du nichts mehr machen, dann ist er eben draußen«, sagte der Mann am Tenorhorn, der auch von der Anstrengung berichtete, die ein Musiker zu leisten hat, dass ein solches Konzert im Wohlgang über die Bühne gehen kann: Eine Probe mit komplettem Durchlauf, dann ein Konzert in Laufen, tags darauf in Berchtesgaden. Das geht an die Kraft. Und es verdient Applaus, sogar Hochachtung, vor allem von »nur Zuhörern«. Und was die falschen Töne angeht, waren die wohl so gering in ihrer Anzahl, dass es niemand im Saal bemerkte. Oder bemerken wollte. In Erinnerung bleibt ein brillantes Konzert, eines mit besonderem Klangerlebnis, das hoffentlich auch Anregung satt für Spendenbereitwilligkeit sein konnte.
Dieter Meister
Beitrag im Berchtesgadener Anzeiger vom 2.3.2023